Eines wird beim Anhören dieses Albums schnell klar: Gleb Kolyadin ist ein genial einfallsreicher Pianist, und das nicht nur auf dem Gebiet des Prog-Rock. Klar wird auch, dass es neben dem Piano nicht des Keyboards bedarf, um Kolyadins vielfältige und fantasiereiche Ausdrucksmöglichkeiten auf dem Piano zu demonstrieren. Im Gegenteil gehören die vom Keyboard geprägten Tite l zu den eher schwächeren dieses Albums. Ebenso klar wird letztlich schnell, dass es wirklich keine Mitspieler braucht, um die Pianokünste eines Gleb Kolyadin ins rechte Licht zu setzen, und schon gar nicht solche, die von sich mehr hermachen, als ihnen zusteht, wie etwa Jordan Rudess in "Storyteller". Ausreißer sind ansonsten weniger das Thema der gestandenen gekonnter Begleitung mächtiger Prog Musiker auf dem Album mit Gavin Harrison, Schlagzeug, Nick Beggs,, Bass, Theo Travis, Saxophon und Flöte, Vlad Avy, Gitarre, Evan Carson, irische Rahmentrommel, Grigori Osipov, Vibraphone, Marimba und Glockenspiel, Jordan Rudess, K, sowie Mick Moss und Steve Hogarth, Gesang, deren Farbe und Charakter ins Spiel bringender vokaler Beitrag ebenso eine spezielle Erwähnung verdient wie der an Jethro Tul erinnernde, Flöte spielende Saxophonist.
Über den Kreis eingeweihter Prog Fans hinaus bekannt wurde der russische Pianist Gleb Kolyadin mit seinem Duo-Album iamthemorning bekannt, das 2016 als bestes Album den Progressive Music Awards gewann. Gemeinsam mit Sängerin Marjana Semkina gelang dem Pianisten hier ein Geniestreich der gleichermaßen seiner fantastischen Partnerin wie ihm selbst geschuldet ist, harmonieren doch beide geradezu überirdisch auf dem emotionsgeladenen Duo-Album. Ganz vermag das neue Album das hohe Niveau des Duo-Albums nicht zu erreichen, zum Teil der Tatsache geschuldet sein mag, dass die Musiker nicht gemeinsam an einem einzigen Aufnahmeort, sondern in unterschiedlichen Studios unabhängig von den anderen zugange waren, was heutzutage nicht unüblich ist, aber für das Projekt mangels spontaner gegenseitiger Inspiration auch nicht förderlich sein muss. Möge das nächste Album des klassisch ausgebildeten Pianisten das Solo-Album werden, das man unter dem den Namen des Pianisten tragenden Titel des jetzigen Albums eigentlich erwartet hätte.
Dabei ist es keineswegs so, dass das neue Album nicht das spiegeln würde, was Gleb Kolyadin einzigartig macht und in die Phalanx individuell so unterschiedlicher, improvisierender pianistischer Größen wie Chick Corea und Keith Jarrett einreiht: ein ausgeprägter Wille, Eigenständiges zu schaffen, ein eigener Sound und ein eigener Stil, der im Fall des Gleb Kolyadin von Beethoven und Liszt gleichermaßen inspiriert ist wie von Keith Emerson. Aus alt und neu entstehen so geplante und spontan abgewandelte Kompositionen, die höchst virtuos per Konzertflügel freigesetzt werden und den staunenden Zuhörer in ihren Bann ziehen.
Gleb Kolyadin, grand piano, keyboards
Gavin Harrison, drums
Nick Beggs, bass
Theo Travis, flute, saxophones
Vlad Avy, guitars
Evan Carson, bodhran, percussion
Steve Hogarth, vocals on “Confluence” and “The Best of Days”