Lautten Compagney & Wolfgang Katschner


Biographie Lautten Compagney & Wolfgang Katschner

Lautten Compagney & Wolfgang Katschner
Wolfgang Katschner
studierte klassische Gitarre an der Musikhochschule „Hanns-Eisler“ Berlin und Laute an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main.

Im Jahr 1984 gründete er zusammen mit Hans-Werner Apel im damaligen Ostberlin die lautten compagney BERLIN, heute eines der führenden und innovativsten deutschen Ensembles der historisch-informierten Aufführungspraxis, das von Berlin aus eine ausgedehnte internationale Präsenz mit Aufführungen und Projekten unterhält.

Wolfgang Katschner konzipiert und plant die inhaltliche Ausrichtung der lautten compagney, ihre kreativen Arbeitsprozesse und die Einbindung in das historische Repertoire. Dazu gehören umfangreiche Vorbereitungs- und Recherchearbeiten. Die Ergebnisse dieser komplexen und arbeitsintensiven Studien sind das Markenzeichen der lautten compagney und machen ihren spezifischen Klang, sowie die große Vielfalt an Programmen und Projekten aus. Neben seiner Tätigkeit mit der lautten compagney arbeitet Wolfgang Katschner auch erfolgreich als Gastdirigent an deutschen Opernhäusern. So war er 2012–2016 musikalischer Leiter des „Winter in Schwetzingen“. Nach Gastspielen in Bonn (Händels “Rinaldo” und “Giulio Cesare”) und Oldenburg (Hasses “Siroe”) verantwortete er seit 2018 drei Opernproduktionen am Staatstheater Nürnberg: Monteverdis “Ulisse” am Ende der Spielzeit 2017/18 und Händels “Serse” im November 2018 sowie eine vielbeachtete Premiere von Cavallis „La Calisto“ Ende 2019. In der Spielzeit 2020/2021 wird er an der Semperoper in Dresden Monteverdis L´Orfeo dirigieren.

Verstärkt engagiert sich Wolfgang Katschner zudem in der Ausbildung des künstlerischen Nachwuchses. Er war Gastprofessor an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin, beim SingFest in Hongkong, Artist in Residence bei „BarockVokal“ in Mainz, arbeitete 2018 und 2019 mit Sänger*innen an der Hochschule für Musik „Franz Liszt“ in Weimar und leitet im Frühjahr 2020 eine studentische Produktion von Händels „Alcina“ an der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“ in Dresden.

Lautten Compagney
Die Geschichte der historisch informierten Aufführungspraxis in der DDR ist noch nicht geschrieben – erstaunlich, wenn man bedenkt, dass zwei der heute bedeutendsten deutschen Ensembles zu Beginn der Achtziger Jahre in Ost-Berlin gegründet wurden, die lautten compagney BERLIN und die Akademie für Alte Musik. Während im Westen das Spiel auf historischen Instrumenten vor dreißig, vierzig Jahren unaufhaltsam aus der Nische in die Konzertsäle drängte, war es in der DDR noch nicht Teil der offiziellen Kultur. Wer sich mit derlei befassen wollte, tat das meist neben seiner Arbeit im Orchester.

Wolfgang Katschner und Hans-Werner Apel dagegen waren noch Studenten der klassischen Gitarre, als sie sich an der Ost-Berliner Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ trafen und ihr gemeinsames Interesse an Alter Musik entdeckten. Sie vertieften sich in alte Handschriften und Drucke, in Partituren und Tabulaturen, die Komponisten heißen William Byrd, John Dowland, Matthew Locke oder William Lawes. Mit ihren modernen Gitarren kamen sie in dieser Musik nicht weiter. Also besorgten sie sich Lauten und Theorben und legen damit den klanglich intimen und zarten Grundstein für die lautten compagney BERLIN, die heute ein vielfach ausgezeichnetes und eines der weltweit originellsten, aufregendsten, fantasievollsten und vielseitigsten Ensembles Alter Musik ist.

Dass Sänger wie Dorothee Mields, Lynne Dawson oder Simone Kermes immer wieder mit der lautten compagney auftreten, belegt nicht nur deren musikalische Qualitäten, sondern auch die besondere konzeptionelle Intelligenz, die dieses Ensemble und Wolfgang Katschner antreibt, der zwar immer noch zur Laute greift, aber längst zum Dirigenten, Künstlerischen Leiter und Ideengenerator geworden ist:

Hier entstehen Programme und CDs, die Vertrautes und Unbekanntes mit dramaturgischem Sinn verbinden und außerdem mit einer Vitalität musiziert sind, die dem Begriff „Alte Musik“ spottet. Damit gelangen wir zum Kern, zu dem, was die lautten compagney von anderen Ensembles unterscheidet. Es pflegt seine Traditionen wie das Weihnachtsoratorium am zweiten Feiertag oder die Bach-Passionen am Karfreitag. Es spielt eine zutiefst berührende Marienvesper und hat mit Händel-Opern große Erfolge gefeiert.

Solche Repertoirewerke aber leuchten bei der lautten compagney in einem besonderen, gegenwärtigen Licht, weil das Ensemble in solchen Aufführungen auch von unzähligen künstlerischen Abenteuern jenseits dieser Gipfelwerke erzählt. Wolfgang Katschner ist nicht nur neugierig auf Musik, sondern auch auf neue Wege ihrer konzertanten Darstellung. Genial etwa die Idee, Musik von Tarquinio Merula und Philip Glass miteinander zu verweben – die CD „Timeless“ wurde für diese einzigartig und magisch zwischen Alt und Neu schwebenden Klänge mit dem ECHO ausgezeichnet. Mit dem AEQUINOX-Festival in Neuruppin hat die lautten compagney seit 2010 ihre individuelle Plattform für Experimente.

Die lautten compagney sucht mithin keine abstrakten Wahrheiten über die Vergangenheit und interessiert sich nicht für wettbewerbstaugliche Virtuosität – auch wenn sie ihr zu Gebote stünde. Sie macht Musik für die Hörer von heute. Wenn der leichthändige Slogan „historisch informiert, zeitgemäß interpretiert“ überhaupt auf ein Ensemble zutrifft, dann auf die lautten compagney.

Dass die historisch informierte Aufführungspraxis immer nur Annäherungen erlaubt an das, was einmal war, ist für die einen Anlass zur Frustration und zur umso verbissener betriebenen akademischen Philologie. Der lautten compagney eröffnet diese Unsicherheit vor allem kreative Freiräume, und das nicht nur in konzeptioneller, sondern auch interpretatorischer Hinsicht. Es gibt einen ganz bestimmten Griff in den Klang, oft auch einen ganz eigenen Humor, der den Aufführungen und Aufnahmen dieses Ensembles einen unverwechselbaren Ton gibt.

Wenn der Rhythmus so leichtfüßig wird, dass die Musik zu swingen beginnt, wirkt das Alte ganz nah. Aber zugleich berührt uns über die Jahrhunderte hinweg mit all dem Ernst jener Zeit ein Klang, dessen Wärme und Liebe, dessen Weisheit und Menschlichkeit uns trägt und bereichert.



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