Die Staatskapelle Weimar ist zurecht stolz darauf, als eines der ältesten deutschen Kulturorchester seit 1491 zu gelten. So herausragende Persönlichkeiten der Musikwelt wie Johann Sebastian Bach, Johann Nepomuk, Franz Liszt und Richard Strauss arbeiteten mit dem Orchester zusammen. Liszt und Strauss waren entscheidend für die Qualitätssteigerung der Staatskapelle verantwortlich, mit der sie auch eigene Werke aufgeführt hatten. Nach dem zweiten Weltkrieg gelang es Hermann Abendroth die hohe Spielkultur der Staatskapelle, die während des Dritten Reichs arg gelitten hatte, wiederherzustellen. Die auf Abendroth folgenden Dirigenten konnten auf das Resultat seiner erfolgreichen Orchestererziehung aufbauen und ihren jeweiligen Beitrag leisten. Zuletzt hatte Kirill Karabits in den Spielzeiten 2016/17 und 2018/19 die Leitung des Orchesters als Generalmusikdirektor und Chefdirigent inne. Aktuell ist die Weimarer Staatskapelle auf der Suche nach einem Nachfolger Karabits, der beim Bournemouth Symphony Orchestra die Position des Chefdirigenten hält, und der die stark verjüngte Staatskapelle während seiner kurzen Zeit an der Spitze des traditionsreichen Ensembles künstlerisch nachdrücklich geformt hat. Eine Reihe von Aufnahmen von Werken seiner dirigentischen Vorgänger Strauss und Liszt, einschließlich dessen als Rarität geltender unvollständiger Oper Sardanello mit der Staatskapelle künden hiervon. So auch das 2019 eingespielte jüngste Album mit bis auf Tasso heutzutage eher weniger gespielten Werken von Franz Liszt.
Die Dante Sinfonie ist eine Programm-Musik entlang von Motiven der Handlung von Dantes Göttlicher Komödie. Liszt geizt dabei mit krassen orchestralen Effekten zur Beschreibung des Schreckens, dem Dantes Reisender im Fegefeuer und in der Hölle und ausgesetzt ist, bevor er das Paradies schauen kann. Das gebotene orchestrale Grauen steht dem Horror des Hexentreibens in Berlioz‘ Symphonie Fantastique nicht nach. Im Gegenteil. Plastischer kann man die dem Paradies vorgelagerten Schreckensszenarien mit Mitteln der Orchesters, einschließlich einer Windmaschine nicht darstellen. Die Staatskapelle lässt bei der überaus glaubhaften Darstellung des Dante-Dramas keine Wünsche offen. Fern plumpen Polterns spannt das Weimarer Orchester mit raffinierter Farbsetzung und rhythmischer Delikatesse den Lisztschen Klangkosmos auf, der dem Hörer die Schrecken der Göttlichen Komödie direkt in die Knochen fahren lässt, bevor engelsgleicher Chorgesang von einem bestens aufgelegten lokalen Chor die Komödie ausklingen lässt, die über weite Schrecken alles andere als eine Komödie ist.
Eine gleichermaßen werkgerechte Interpretation und hervorragende Orchesterleistung lassen Dirigent und Orchester den Kämpfen und Erfolgen des italienischen Dichters Tasso in der gleichnamigen Liszt- Tondichtung angedeihen. Hier brillieren vor allem die Bläser der Staatskapelle. Zum prominenten Einsatz kommen diese auch in der Tondichtung Künstlerfestzug, die Franz Liszt zur Schillerfeier komponiert hat, und die als Erstaufnahme vorliegt. Es handelt sich bei dieser Komposition um eine Triumphmusik, die nur ein Liszt-geübtes Orchester wie die Staatskappelle Weimar fern von aufgeplustertem Pomp mit dem notwendigen Geschmack in Szene setzen kann.
Andere Orchester mögen dank zahlreicher Aufnahmen im Bewusstsein des Klassikhörers präsenter sein als die Weimarer Staatskapelle. Nur wenige Orchester dürften hierzulande und auch außerhalb Deutschlands jedoch eine Klang- und Spielkultur ihr Eigen nennen, wie die Staatskapelle unter der Leitung seines bisherigen Chefdirigenten Kirill Karabits.
Staatskapelle Weimar
Knabenchor der Jenaer Philharmonie
Damen des Opernchores des Deutschen Nationaltheaters Weimar
Kirill Karabits, Dirigent