Die Norwegerin Silje Nergaard veröffentlichte ihr erstes Album Tell Me Where You're Going unter Mitwirkung des Jazz-Gitarristen im Titelsong Pat Metheny vor dreißig Jahren, nachdem sie ihren ersten erfolgreichen Auftritt auf einem Jazzfestival bereits fünf Jahre früher absolviert hatte. Auf dieses Pop-Album folgten bis heute sechzehn weitere Alben, die von der Kritik teils dem Pop und teils vor allem dem Jazz zugeordnet worden sind. Diese Zuordnungen gehen ja an und für sich völlig im Ordnung, gäbe es nicht die zum Teil ungute Spannung zwischen den beiden Genres, die im Falle von Silje Nergaard der Sängerin aus Jazzkreisen immer wieder mal negativ zugerechnet worden ist. Jazz mit Pop-Einstreuungen, das geht ja gar nicht. Richtig ist vielmehr, dass ein derartiges Vorurteil gar nicht geht, war die eine oder andere Jazz-Richtung doch schon immer offen für Pop-Anleihen. Man denke nur an die diversen Songbooks von Ella Fitzgerald, der dieses Fremdgehen nie übelgenommen wurde. Im Gegenteil. Freuen wir uns also, dass Silje Nergaard auf den Spuren der großen Dame des Jazz wandelt und sich Anflügen von Pop bei aller Zugewandtheit zum Jazz nicht verschließt. Der andauernde internationale Erfolg, dem sich die Norwegerin erfreut, zeugt davon, dass Ihre Fans gegen Popsprengsel in ihren Songs nichts einzuwenden haben.
Die Norwegerin verfügt über einen strahlend hellen Sopran, der selbst nach vielen Jahren nichts an seiner unglaublichen Geschmeidigkeit eingebüßt hat. Diese Stimme täuscht wegen der scheinbar mühelosen Leichtigkeit der Tonerzeugung darüber hinweg, dass viel intensive Arbeit erforderlich ist, um dieses Ergebnis zu erzielen. Kein Zweifel: diese Lady kann singen. Und sie zeigt Geschmack bei der Auswahl und Zusammenstellung ihrer Songs, die auf Japanese Blue die unterschiedlichsten Stimmungen hervorrufen und die lyrisch beachtliche Texte umfassen, die es wert sind, auf sie zu achten, wie etwa im sehnsuchtsvollen Titelsong:
- Can't count the hours, blame the miles
And say they keep me from your smile
For you are here, no oceans lie
Between my lover's arms and I
- I see your smile but where are you
Why won't you dare to need me too
I would bring you joy to light the way
A ray of sun to thaw your days
- Please let me through
I don't ask much, but the slightest touch
of Japanese blue, I beg of you
My life is such
It needs a touch of Japanese blue
- I see that life has taken toll
Your shattered dreams I can't make whole
But let me through and i will stay
Close by your side to comfort you
- Please let me through
I don't ask much, but the slightest touch
of Japanese blue, I beg of you
My life is such
It needs a touch of Japanese blue
Wer kontrastreichen, widerborstigen Jazz-Gesang sucht, wird woanders fündig werden. Wer hingegen in unseren unerwartet schwieriger gewordenen Zeiten durch hochkarätigen Jazzgesang Trost für die geplagte Seele sucht, wird auf Japanese Blue fündig, dessen Songs sich ob der großartigen Stimme von Silje Nergaard und nicht zuletzt wegen der stets einfühlsamen, instrumental hochkarätigen Begleitung durch den Pianisten Espen Berg einer nach dem anderen als Streicheleinheit für die Seele erweisen.
Silje Nergaard, Gesang
Espen Berg, Klavier