MusicAeterna & Teodor Currentzis - Beethoven: Symphony No. 7 in A Major, Op. 92

Review MusicAeterna & Teodor Currentzis - Beethoven: Symphony No. 7 in A Major, Op. 92

Es gibt aktuell wohl keinen Dirigenten, der derart polarisiert wie Teodor Currentzis. Die einen halten ihn für einen Scharlatan, der vor dem Orchester in unangemessene Weise herumtanzt, anstatt den Takt per Handzeichen klar vorzugeben. Andere empfinden sein Tänzeln als tief emotionale Kundgebung, die das Orchester motiviert, mit vollem Einsatz bei der Sache zu sein. Und dann gibt es auch noch die Kritiker, denen es so gar nicht nicht passt, dass Teodor Currentzis nicht im Frack vor das Orchester tritt, sondern in modisch enger Hose und bequemem, hinten geknöpften Kittel. Als dem Dirigenten eines klassischen Orchesters Sujet unangemessen finden es diese Leute zudem, dass er sich mitunter einer unkonventionellen Sprache befleißigt, um seine Sicht auf Kompositionen zu erläutern.

Die Angriffe auf persönlicher Ebene sind ja im Zeitalter von Twitter und Co. nichts Ungewöhnliches: Anonym Schmutz zu schleudern scheint ein Grundbedürfnis weiter Kreise der menschliche Gesellschaft zu sein. Gar nicht witzig ist diese Verächtlichmachung, wenn sie wie im Falle von Currentzis Kritiken seiner Konzerte und Aufnahmen „würzen“. Und voll neben der Sache liegen Vorwürfe, es handle sich bei diesem Griechen nicht um einen seriösen Dirigenten. Dagegen sprechen seine Chefposition beim Sinfonieorchester des SWR, die ersichtliche Motivation des Orchesters in als Stream anrufbaren öffentlichen Konzerten (www.swr.de/swrclassic/) und nicht zuletzt die dort erlebbare überwältigende Publikumsreaktion auf zum Teil umwerfenden Interpretationen von Sinfonien Mahlers, Tschaikowskis und Schostakowitsch.

Dass nicht grundsätzlich alles, was Teodor Currentzis anpackt, sich als musikalisches Ereignis der Spitzenklasse entpuppt, teilt der 49 Jahre alte Dirigent mit berühmten Vorläufern, wie etwa Sergiu Celibidache, der nicht nur Chefdirigent eines der beiden Vorläufer des Sinfonieorchesters des SWR war, sondern seinerzeit wegen seiner Persönlichkeit Kritik aller Arten in vergleichbarem Ausmaß provoziert hatte wie Currentzis heutzutage. Ein Beispiel für eine eher suboptimaler Interpretation ist das aktuelle Album mit Beethovens siebter Sinfonie mit dem formidablen Ensemble Musicaeterna, dessen Gründer und Chef Teodor Currentzis ist, der für das Album mit Beethovens fünfter Sinfonie zusammen mit demselben Orchester eine mitreißend frische Interpretation abgeliefert hat.

Wie gewohnt ist die Leistung des Orchesters in der siebten Beethoven-Sinfonie erste Sahne und überraschende Wendungen im musikalischen Verlauf der Sinfonie mit ungewöhnlichen Akzentuierungen der Streicherlinien künden vom starken Gestaltungswillen des Dirigenten. Wie zu erwarten, hält sich das tänzerische Scherzo an ein schnelles, beschwingtes Tempo, ohne wie nicht selten im Trio an Schwung einzubüßen, und der Finalsatz strahlt mit farbenreicher Dynamik die ungezügelte Energie aus, die im Falle eines Live-konzerts die Zuhörer von ihren Stühlen reißt. Die ersten beiden Sätze der Sinfonie kommen gestalterisch dank allzu großer Glattheit und Ereignislosigkeit der Gestaltung durch den Dirigenten jedoch zu kurz. Die durch die Virtuosität des Orchesters vermag diesem Eindruck nicht entgegenzusteuern. Ganz im Gegenteil. Hier haben durch inhaltliche Gestaltung Carlos Kleiber in seiner berühmten, beinahe schon historischen Wiener Aufnahme, aber auch Manfred Honeck mit seinem Pittsburger Orchester, um eine der neueren Aufnahme heranzuziehen, die Nase deutlich vorn.

Dass Teodor Currentzis mit diesem Album kein musikalischer Höhenflug gelungen ist, schmälert jedoch nicht seine dirigentischen Fähigkeiten an sich. Vielmehr macht es ihn insofern sympathisch, dass dadurch klar wird, dass ihm zwar vieles aber nicht alles auf außerordentlichem Niveau gelingt. Siehe da: auch der zu Recht vielbejubelte Teodor Currentzis ist nur ein Mensch.

MusicaAeterna
Teodor Currentzis, Dirigent

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