Der Swing ist nicht tot zu kriegen. Aufgekommen ist er in den zwanziger und dreissiger Jah-ren als eine neue Form des Jazz, der bis dahin überwiegend als Dixieland unterwegs war. Diesseits des Atlantiks erlebte der Swing unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg seinen Beliebtheitshöhepunkt als Musik der Befreiung und wiedergefundenen Lebensfreude. Beige-tragen hat dazu in nicht unerheblichem Umfang die Tanzbarkeit dieser Jazzform, die vor allem Jugendliche in den ersten Nachkriegsjagen in ihren Bann gezogen hatte. Nachdem die Jungen längst zum Rock ‚n‘ Roll gewechselt waren, bliebt der Swing bis weit in die siebziger Jahre bei Bigbands angesagt. Selbst heute ist er für diese Form groß besetzter Bands ein unverzichtbarer Bestandteil ihrer Konzertauftritte. Das Count Basie Orchestra nahm unter seinem rrangeur Sammy Nestico zwischen 1970 und 1984 nicht weniger als zehn Swinga-lben auf, von denen vier Alben mit dem Grammy Awards ausgezeichnet sind. Sammy Nesti-co, der die Weltkriegszeitals Musiker in der US-Army verbrachte, machte sich nach seiner Militärkarriere einen Namen als Komponist und Arrangeuer populärer US-Künstler, wie Phil Collins, Sarah Vaughan, Bing Crosby, Frank Sinatra. Bis heute ist er, der auf dem brandneuen Album The Sammy Sessions das Touring-Jazz-Orchester der US-Army, die Jazz Ambassadors leitet, komponierend und arrangierend aktiv.
Das aktuell neunzehn Mitglieder starke Orchester der US-Army wurde 1969 während des Kalten Kriegs gegründet als das Außenministrium der USA unter dem Label Jazz Ambassa-dors den Jazz als Botschafter der Freiheit, US-Bauart, weltweit exportiert hatte. In den USA erfreuen sich die Jazz Ambassadors, als Bigband großer Beliebtheit. In Europa waren die Jazz Ambassadors auf dem Internationalen Jazz Festival in Montreux, in Brüssel und in den Niederlanden zu erleben. Ihre martialische Aufmachung in Militär-Prachtuniformen dürfte bei ihren Auftritten in Europa reichlich befremdlich gewirkt haben. In den USA hingegen ist der Stolz auf die eigene Armee so stark etabliert, dass der Auftritt in Uniform die Beliebt-heit der band zugute kommt.
Wie immer man zu Militärlook stehen mag, von dem die Audio-Only-Information des Downloads eh nichts transportiert, muss man konstatieren, dass diese Bigband die Swingtitel auf The Sammy Sessions authentisch und durchgehend mitreißen zelebriert. Die an den Tag gelegte instrumentale Perfektion der Musiker ist geradezu atemberaubend. Der hier ungebremst zum Ausdruck kommende und für echten Swing-Genuss unerlässliche enorme Schwung, aber auch die bei allem Schwung entspannte Atmosphäre ist sicherlich nicht zu einem kleinen Anteil Sam Nestico zuzuschreiben, der sieben der insgesamt dreizehn Titel – Toni, Cell Talk, Shirley, Hip Music Box, A Cool Breeze, Softly From My Window and Dimensions in Blue – als Komponist verantwortet und sämtliche Titel arrangiert, den Jazz Ambassadors also auf den Leib geschneidert hat.
Wer seine alte Swing-Leidenschaft auffrischen möchte, aber auch wer den Swing als ehemalige Musik der Befreiung und wiedergefundenen Lebensfreue neu für sicjh entdecken möchte, liegt mit dem auf sämtlichen Ebenen perfekt realisiertem Album The Sammy Sessions goldrichtig.
Jazz Ambassadors
Sammy Nestico, Musikalische Leitung