Zwanzig Jahre ist es bereits her, dass der damals dreißigjährige Jan Lundgren seine erstes Album Swedish Standards aufgenommen und auf dem Label Sittel herausgebracht hat. Seit zehn Jahren erscheinen die Alben des Pianisten auf dem Label Act, einschließlich dem aktuellen Album Potsdamer Platz, das er zusammen mit Jukka Perko, Alt- und Sopransaxofon, Dan Berglund, Bass und dem Schlagzeuger Morten Lund eingespielt hat. Der als klassischer Pianist ausgebildete, und zunächst als Sideman bekannter Jazzgrößen aktive Jan Berglund ist heutzutage selbst eine feststehende Größe der europäischen Jazzszene. Der Saxofonist des Quartetts, Jukka Perko kommt ursprünglich ebenfalls vom klassischen Ufer, während der vorrangig mit der Gruppe EST bekannt gewordene Bassist Dan Berglund ebenso ein originaler Jazzman ist wie der dänische Schlagzeuger Morten Lund.
Der Name des Albums bezieht sich auf den Potsdamer Platz in Berlin, einem Ort, der mit der gesamten Stadt durch die Berliner Mauer für nahezu dreißig Jahre in zwei Teile getrennt war, bevor die Mauer auf ihm folgend auf die Ereignisse des 9. November 1989 zugunsten eines provisorischen Grenzübergangs partiell niedergerissen wurde. Nicht diesem historischen Ereignis, sondern vielmehr der Tatsache, dass das Album unweit des Potsdamer Platzes in den Hansastudios aufgenommen wurde, verdankt es seinen Namen. Allerdings ist der Albumname laut Jan Lindgren nicht ganz frei von tieferer Bedeutung für die darauf eingefangene Musik: „Wenn der Potsdamer Platz in gewisser Weise für das neue Deutschland steht, steht er hier als Titel ebenfalls für etwas Positives, für die positive Kraft, die Musik für mich immer ausstrahlen sollte; für einen Aufbruch, für etwas Bewegendes.“
Tatsächlich strahlt die Musik auf Potsdamer Platz etwas ungemein Positives, ja etwas Aufbauendes aus. Hier musiziert ein klassisch zusammengesetztes Jazzquartett kraftvoll, jedoch jederzeit sensibel, hochgradig wach, jedoch stets angemessen verspielt. Dass dieses Quartett sich relativ spontan zusammengefunden hat, bringt Frische ins hochprofessionelle Zusammenspiel, das man in dieser Qualität eigentlich nur von Ensembles kennt, die bereits längere Zeit gemeinsam zugange waren. Es wäre jedenfalls jammerschade, wenn sich die Vier nur für dieses Album zusammengeschlossen haben sollten. Wie auch immer, kommt auf Potsdamerplatz von Titel zu Titel zunehmend Freude auf ob der gelungenen Kompositionen und der gekonnten Improvisationen, die auch beim zweiten und dritten Durchhören nichts an ihrer Attraktion einbüßen.
Das Album Potsdamer Platz will weder provozieren noch die Jazzwelt auf den Kopf stellen. Ganz im Gegenteil transportiert Potsdamer Platz in bester skandinavischer Tradition ziemlich unspektakulär perfekt kammermusikalisch gestalteten, jedoch unter der Oberfläche still lodernden Jazz vom Feinsten. Die exzellente Tontechnik des Downloads gewährt unverstellte Einblicke in die Struktur der Kompositionen Jan Lundgrens sowie in deren Klangwerdung und Abwandlung, und sie vermittelt dem Zuhörer eindrücklich, dass zwischen den Mitgliedern des Lundgren Quartetts offensichtlich tiefes Einvernehmen darüber besteht, dass Musik, soll sie denn mehr als pure Unterhaltung sein, aus gemeinsamem Geist heraus geschaffen werden muss.
Jan Lundgren, Klavier
Jukka Perko, Alt-und Sopransaxophon
Dan Berglund, Bass
Morten Lund, Schlagzeug