Stefano Bollani - Joy in Spite of Everything

Review Stefano Bollani - Joy in Spite of Everything

Den Titel dieses Albums sollte man als Empfehlung ernst nehmen. Sich die Freude nicht nehmen lassen, obwohl die Welt, wie auf dem Cover mit seinem ungläubig in den Abgrund des schlimmen Geschehens blickende Paar eindrücklich dargestellt, offenbar in den Orkus geht. Sich trotz Weltuntergang die Laune nicht verderben lassen, lautet das Motto und jeder Titel des Albums stützt mit Fröhlichkeit und Zuversicht, zumindest aber trostspendend diese finale Lebensphilosophie. Wehe dem, der Parallelen zum aktuellen Zustand unserer Welt zieht. Wie auch immer, mit diesem Album lenken uns vier Musiker sechsundsechzig Minuten lang mit überaus kurzweilig dargebotenem Jazz von jeglicher trüben Endzeitstimmung ab. Und was oder wer sollte uns davon abhalten, dieses ungeachtet aller Widrigkeiten puren Optimismus verströmende Album in Endlosschleife laufen zu lassen, bis die drohende Gefahr vorübergezogen ist oder bis es nichts mehr zu hören gibt. Wie auch immer: Joy in spite of Everything ist eines der genialsten ECM-Alben der Gegenwart. Und das will angesichts der tollen ECM-Produktionen der letzten Monate schon etwas heißen. Dass aufnahmetechnisch ebenfalls alles top geraten ist, versteht dank des Know How des traditionsreichen Jazz-Labels von selbst. Und dass Manfred Eichner wieder einmal sein glückliches Händchen beweist, die richtigen Musiker im genau richtigen Moment ins Aufnahmestudio einzuladen, in dem ihr Master Mind, Stefano Bollani hörbar vor Ideen schon beinahe überläuft, verwundert ebenfalls nicht. Alles zusammen ergibt eine Produktion, die man nicht nur dem Jazzfan, sondern auch dem neugierigen Quereinsteiger in dieses Musikgenre nur aus vollem Herzen empfehlen kann, um jeglichen Trübsinn, der sich warum auch immer im Alltag auftut, im Keim zu ersticken. Mit dem Bassisten Jesper Bodilsen und dem Schlagzeuger Morten Lund, beides Dänen, arbeitet Stefano Bollani seit vielen Jahre erfolgreich zusammen. Das bewährte Trio wurde für Joy in spite of everything mit dem Gitarristen Bill Frisell und dem Tenorsaxofonisten Mark Turner, der den einer Scheherazade würdigen Erzählstil Bollanis einfühlsam auf sein Instrument überträgt, zum Quintett aufgestockt. Obwohl (zumindest aktuell) eine reine ad hoc Studiogeburt spielen die fünf Profis, die sich stets penibel aufeinander hörend ausnahmslos als Gleiche unter Gleichen geben, derart entspannt und präzise zusammen, dass man versucht ist, Seelenverwandtschaft zu unterstellen. Beim Spielen penibel Aufeinander hören ist für miteinander Musizierende, egal, ob diese klassische Musik aus dem Notenbild entstehen lassen oder Jazz improvisieren, Voraussetzung dafür, individuelle Beträge Einzelner zum gemeinsamen Statement verschmelzen zu lassen. Wenn das dann noch, wie vorliegend, liebevoll und sensibel stattfindet, und wenn jeder seine Individualität soweit zurückstellt, dass er das gemeinsam Entstehende nicht dominiert, entsteht Großartiges, großartiges Anspielen gegen den persönlichen kleinen oder den allumgreifenden großen Weltuntergang.


Spektrogramm
Abtastrate 88.2 kHz: verifiziert
Abtastbreite 24 Bit: in Ordnung

Kommentar:
Technisch mögliches Spektrum voll ausgenutzt.

Stefano Bollani - Joy in Spite of Everything

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