Jérôme Sabbagh - The Turn

Review Jérôme Sabbagh - The Turn

Gemastert von keinem geringeren als dem legendären Doug Sax zusammen mit Jett Galindo vom analogen Band, erscheint The Turn parallel zum hochaufgelösten Download auf LP, dem analogen Medium, dem sich die heutige auf MP3-Downloads abonnierte Generation von Jazz- und Pophörern als vergleichsweise hochaufgelöstes Medium zunehmend zuwendet und, wenn alles gut geht, dadurch für hochaufgelöste digitale Downloads angefüttert wird. Das analoge Band ist vorliegend jedenfalls der Grund dafür, dass das Frequenzspektrum von The Turn bei unter diesen Voraussetzungen geradezu üppigen 30 kHz endet. Von daher sind die technischen Voraussetzungen für einen gelungenen Sound von The Turn gegeben, für den natürlich letztendlich der Aufnahmemann vor Ort, James Farber, verantwortlich zeichnet. Dass auch für die musikalische Seite der Jazzproduktion alles im Lot ist, dafür steht in erster Linie der französische Komponist und Tenorsaxofonist Jerome Sabbagh, der für The Turn auch als Produzent die Verantwortung übernommen hat, und der mit diesem Album bereits das dritte Album seines seit bereits zehn Jahren unverändert bestehenden Quartetts vorlegt, das sich einen prominenten Platz in der heiß umkämpften New Yorker Jazz Szene erspielt hat. Markenzeichen des Quartetts ist seine niemals lärmende, lyrische Gangart, neben Jerome Sabbagh vor allem vom Gitarristen Ben Monder geprägt ist, der unter anderem durch die Schule eines Lee Konitz gegangen ist, und der die kreative harmonische Grundlage für die lyrische Spielweise des Quartetts einbringt, dessen ruhiger, unaufgeregter Puls vom Schlagzeuger Ted Poor beigesteuert und vom Bassisten Joe Martin feinfühlig modifiziert wird. Der junge Mann, der da auf dem Cover sein Motorrad gerade im halsbrecherischen Powerslide um die Ecke gestellt hat, verkörpert offenbar nicht die grundsätzlich lyrische Gangart des Quartetts, es sei denn, man gesteht dem Quartett zu, den Power Slide im Titelsong The Turn in Superzeitlupe nachzubilden. Denn genau so kommt dieser Titel zunächst daher: in Zeitlupe. Mit quasi eingefrorenem Vortrieb. Geradezu so, als ob das analoge Band zu langsam abgespielt werden würde. Aufgerüttelt vom prononciert agierenden Schlagzeug erwacht das Quartett nach eineinhalb Minuten aus seinem Dornröschenschlaf und nimmt während der verbleibenden Spieldauer des Titels, in denen die Bandmitglieder Reihe nach solistisch ihr Statement abgeben, was sie unter einem Turn verstehen, beträchtlich Fahrt auf, die jedoch weit unter dem Schwung bleibt, der für einen Powerslide unverzichtbar ist. Der lyrische Ansatz des Quartetts dominiert dabei, ebenso wie in Long Gone, einem vom Saxofon ruhig und schnörkellos vorgetragenen und vom Bass und dann von der Gitarre gleichgestimmt aufgenommenen, nostalgisch gestimmten Song. Dass unser junger Motorradfahrer auf dem Cover ob seiner Art, Motorrad zu fahren womöglich gerade der Todesfee begegntet ist, scheint ein wenig abwegig, wird jedoch im Titel Banshee (= Todesfee) allen Ernstes aufgeregt diskutiert. In anschließend steiler Bergfahrt nimmt uns das Quartett in Ascent gemächlich in größere Höhen mit, in denen die Luft bereits dünner wird, bis wir nach dem kurzweiligen, beschwingten The Rodeo in höchster Höhe atemlos eine Kultstätte (Cult) erreichen, auf der unsere vier Musiker ergriffen eine Andacht leise zelebrieren und schlussendlich nach einem Abstecher über einen imaginären Park (Once Around The Park) vom Saxofon angeführt eine Electric Sun anbeten. Selbstverständlich kann man sich frei von allen von den Titeln und dem Cover angeregten programmatischen Anwandlungen auch einfach dem Modern Jazz hingeben, den das Sabbagh Quartett auf The Turn beeindruckend zelebriert und auf seine Weise völlig neu definiert.


Spektrogramm
Abtastrate 96 kHz: verifiziert
Abtastbreite 24 Bit: in Ordnung

Kommentar:
Technisch mögliches Spektrum bis gut 30 von 48 kHz ausgenutzt.

Jérôme Sabbagh - The Turn

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