Somnambule Olga Reznichenko Trio
Album info
Album-Release:
2022
HRA-Release:
20.05.2022
Album including Album cover
- 1 Liquid Salt Sleeps Lost 07:25
- 2 Restless Stone Stops Motion 08:20
- 3 Still Found from Below 06:35
- 4 One Hit Backlash 03:50
- 5 Ground Most Must Take 07:23
- 6 Slipping Pace Returning Time 04:34
- 7 Final Mirrors Facing Flames 04:23
- 8 All After Nothing Left 06:25
Info for Somnambule
Wer vom Albumtitel »Somnambule« auf eine durchweg ruhige, traumverlorene Musik schließt, wird hier öfter mal überrascht. Den Namen des Albums meint Olga Reznichenko nämlich nicht wörtlich, sondern assoziativ.
Der Aufmacher »Liquid Salt Sleeps Lost« erscheint mit seinen harmonischen Momenten tatsächlich recht lyrisch, doch blitzt zwischen der Nuanciertheit bereits das Energiepotential des Trios auf. Das folgende »Restless Stone Stops Motion« beginnt ebenfalls poetisch, aber schon im melodischen Hauptmotiv fließen Olga Reznichenkos Klaviertöne etwas schneller, verwirbelt Maximilian Stadtfeld die Takte um einiges dynamischer.
Seine individuellen Akzente beflügeln die Improvisationen der Pianistin. Während sie mit einer bemerkenswerten Balance aus Eleganz und Entschlossenheit immer weiter ausgreift, schwingt sich auch Bassist Lorenz Heigenhuber zu einfallsreichen, anspornenden Linien auf. Nach gut vier Minuten und einer kurzen Phase der Kontemplation nimmt das Geschehen eine unvorhersehbare Wendung. Plötzlich dominieren repetitive Figuren, die Reznichenko immer kraftvoller kreiseln und tänzeln lässt und dabei einen eigenen Ausdruck zwischen klassischem Minimalismus und Nik Bärtschs Zen-Grooves findet. Es kommt nicht so häufig vor, dass ein Debütalbum nach den ersten beiden Tracks und rund 16 Minuten Laufzeit dermaßen beeindruckt.
Die Tiefe in Reznichenkos Spiel, das Oszillieren von Klangfarben und stilistischen Einflüssen, der zuweilen singende Ton und die rhythmische Detailschärfe von Bassist Heigenhuber sowie Stadtfelds souveräner, mal klangvoller, mal eruptiver Umgang mit dem Schlagzeug kreieren einen besonderen Sound und verleihen Somnambule seine spezielle Aura. »Ich bin nicht so ein analytischer Typ«, erklärt Olga Reznichenko vergnügt, »mir gefällt es, beim Spielen das Denken einfach loszulassen.«
Es ist die Mischung aus profunden Kenntnissen und klaren Vorstellungen, etwa zu Stimmungen und Klangfarben, die Reznichenkos Gestaltungswillen speist. Mit ihrer Band verbindet sie komplexe harmonische und rhythmische Strukturen, subtile und kraftvolle Momente sowie melodische Anknüpfungspunkte zu einer persönlichen Ästhetik, die Somnambule zu einem herausragenden Debütalbum macht.
Olga Reznichenko, Klavier
Lorenz Heigenhuber, Kontrabass
Maximilian Stadtfeld, Schlagzeug
Olga Reznichenko
In nie erschöpfender, sprudelnder Energie gibt sich die Jazzpianistin und Komponistin Olga Reznichenko dem Ausloten der Extreme hin. Sowohl der Impuls fast zerstörerisch auf ihr Instrument einzuspielen, als auch der Genuss der schönen, friedlichen Klänge finden in ihrem intuitiven Spiel ganz natürlichen Raum. In ihrem gleichnamigen Trio verbindet Olga Reznichenko komplexe harmonische und rhythmische Strukturen mit einer simplen, fast minimalistischen Textur und leicht zugänglichen Melodien. Zugleich spiegelt sich ihr ausgeprägtes Gefühl für Ästhetik ausdrucksstark in ihren Kompositionen wider. Die überwiegend aus Improvisationen heraus geborenen Stücke bieten der puren, intuitiven Spielfreude Reznichenkos Raum, um ihr volles musikalisches Potential entfalten zu können. Olga Reznichenko wird 1989 in Taganrog, Russland geboren, wo sie im Alter von acht Jahren ihre musikalische Ausbildung zur klassischen Pianistin beginnt. Nach mehreren Jahren intensiven Studierens erregt eines Tages die Jazzabteilung, welche unter dem gleichen Dach der Musikfachschule übt, lernt und lässig auf den Gängen hängt, ihre Aufmerksamkeit. Das Jazzfeuer ist entfacht und ihre Finger beginnen auf den Tasten neue Wege zu finden, um das Klavier zum klingen zu bringen. Ihren Eltern ist die Welt des Jazz zunächst suspekt und so verschweigt Reznichenko es ihnen, als sie im Rahmen ihrer Ausbildung Jazzklavierunterricht in dem einige Bahnstunden entfernten Rostow bekommt. Es folgt ein halbes Jahr des heimlichen Pendelns zwischen den Welten, den sich die pubertierende Olga durch einen Nebenjob als Korrepetitorin für die Posaunenklassen finanziert. Nach der Wiederherstellung des Familienfriedens und der elterlichen Einsicht, dass Olgas Gemüt und Spielfreude im Jazz und der Improvisation zu Hause sind, besteht sie 2008 die Aufnahmeprüfung für Jazzklavier an dem staatlichen S.W.-Rachmaninow-Konservatorium in Rostow. 2012 folgt Olga Reznichenko dem Kommilitonen und Jazz Saxofonisten Evgeny Ring an die Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy" nach Leipzig. Neben ihrer Neugier auf die europäische Jazzszene, treibt sie außerdem die Faszination für die gotischen Kirchen Europas und die Aussicht auf gründlich ausgebaute Radwege zu diesem Wechsel. Reznichenko studiert bei den Professoren Richie Beirach und Michael Wollny und entscheidet sich, nach erfolgreich abgeschlossenen Bachelor of Music auch für den Master of Music in Leipzig zu bleiben. Mit der Inspiration der modernen russischen Komponisten, wie Rachmaninow, im Herzen, saugt sie ihre neue Umgebung voll auf und taucht in die europäische Jazzszene ein. Mit der Jazzsängerin Sophia Bicking gründet sie die Band “Sophia&Olga”. Nach ersten Auftritten bei u.a. dem X-Jazz 2014 und der Veröffentlichung des Debütalbums „Shells in Motion“ in 2017, gewinnt das Duo im gleichen Jahr den zweiten Platz bei den Sparda Jazz Awards der Jazz-Rally Düsseldorf. Reznichenkos Quintett “Ylativ Algo” experimentiert mit weiten Spannungsbögen und greift dabei sowohl auf die Jazz Tradition der 60er Jahre, als auch auf folkloristische Elemente zurück. 2014 gewinnt die Band den GETXO Jazzwettbewerb in Spanien. Mit Theresia Philipp (ts), Robert Lucaciu (kb) und Philipp Scholz (dr) spielt Reznichenko unter dem Bandnamen “A Word is a swallow” auf dem Südtiroler Jazzfest 2021. Sie ist Teil der Leipziger Contemporary Big Band “Spielvereinigung Sued” und spielt auf dem Debütalbum des Nürnberger Schlagzeugers Maximilian Breu. In Bands wie “Space Shuttle” und “Oluma” hört man Olga bisweilen in voller Euphorie am Synths. 2022 erscheint ihr das Debütalbum ihres Trios auf dem renommierten Label Traumton. Durch ihre Mitwirkung als Kuratorin verschiedener Leipziger Musikfestivals gestaltet Olga auch außerhalb ihres eigenen Spiels die Zukunft der Jazzszene Deutschlands mit.
This album contains no booklet.